Montag, 26. September 2011

Sandig und verbrannt, aber gluecklich


Wir können es nicht fassen, das erste Mal Freiheit! Wir stehen zwischen Menschenmassen mitten auf der Straße, um uns rum rauscht der Verkehr, es ist laut, Gerüche strömen auf uns ein. In welche Richtung sollen wir gehen? Wo sollen wir anfangen zu schauen? Es ist Samstagmorgen und gerade sind wir das erste Mal allein Rickscha gefahren und wohlbehalten in Karwar angekommen. Wir brauchen Kekse und Chips und ein bisschen Obst und wir wollen unbedingt das Meer sehen! Also fangen wir einfach an zu laufen, tauchen ein in das Getümmel und werden bei jedem Schritt sicherer. Unser erster Weg führt uns zu 'more', einem wunderbaren westlich angehauchten Supermarkt, den uns Tina gezeigt hat und der uns an zu Hause erinnert. Wir kaufen uns Kekse und Chips zum Frühstück und steuern auf den Strand zu. Wie wird er sein? Schmutzig? Voller Müll? Überfüllt mit Menschen? Die Überraschung ist groß! Der Strand ist völlig leer und für indische Verhältnisse echt sauber. Der Sand ist weiß, weich und brennt vor Hitze unter den Füßen, das Meer glitzert blau in der Sonne. Die einzigen Menschen sind ein paar Fischer, um die sich alle möglichen Raubvögel und Krähen gerottet haben und ein paar vereinzelte Leute. Wir setzen uns im Schatten auf ein paar Steine und essen unser ausgewogenes Frühstück, wie aus dem Nichts sind wir plötzlich umzingelt von Indern, die alle auf Steinen um uns rum Platz nehmen und immer näher rücken... Etwas verunsichert von so viel Nähe wandern wir den Strand ein bisschen hoch und laufen bis zu den Waden ins lauwarme Meer, dann setzen wir uns in den Sand und genießen einfach nur die Aussicht, lassen uns von der Sonne bescheinen und von einem angenehmen Wind umwehen. Nachdem einiger Zeit treibt uns der Durst wieder zu 'more', wo wir inzwischen schon recht bekannt sind, wir holen uns was eiskaltes zu trinken und schlendern ein bisschen durch die Straßen, landen aber unweigerlich wieder am Strand, wo wir mit den Füßen im Wasser vor uns hin planschen. Eine Frau nähert sich und stellt sich direkt neben uns, ohne jedoch das Wort an uns zu richten oder uns auch nur genauer anzugucken. Wir laufen den Strand ein Stückchen hoch, aber sie folgt uns. Wir laufen schneller, sie läuft schneller. Wir laufen langsamer, sie läuft langsamer. Wir bleiben stehen, sie bleibt stehen. Wir gucken böse, sie lächelt. Irgendwann ignorieren wir sie einfach und nach ein paar Minuten verschwindet sie dann doch. Mittlerweile ist es schon Nachmittags und wir kehren das dritte Mal zu 'more' zurück, die Verkäufer lachen, als sie uns sehen, aber wir müssen unbedingt noch unsere Hamstereinkäufe tätigen. Vollbepackt mit Keksen, Chips, Fertigsuppen und ein paar  Nudeln, will sich Elena noch ein paar Bananen besorgen. Der Junge und die Frau am Straßenrand verstehen keinerlei Englisch, aber nach und nach kann man sich auf eine Menge und einen angemessenen Preis einigen. Überraschenderweise drückt die Frau Elena dann doch noch ein paar extra Bananen in die Hand und Elena möchte sich stolz mit ihren wenigen Sprachkenntnissen bedanken. Lächelnd beugt sie sich vor und sagt laut und voller Inbrunst "Dhanyavadagalu!" ('Danke!') ...und blickt in ausdruckslose, aber freundliche Gesichter ,  die kein Verstehen, noch nicht einmal eine Reaktion zeigen! Uuuups. Mit unseren Einkäufen steigen wir in eine Rickscha (in die, wenns einigermaßen gemütlich sein soll, plus Fahrer höchstens vier Leute passen würden. Wir saßen zu acht drin!) und fahren zurück ins Office. Voller Euphorie kommen wir an, wir haben unseren ersten Tag auf eigenen Beinen in Indien perfekt gemeistert! Perfekt gemeistert? Naja, fast. Morgens kam zwar kurz der Gedanke an Sonnenmilch auf, dieser wurde aber schnell wieder verworfen, mit der Folge, dass wir beide an den einizigen unverhüllten Stellen unglaublichen Sonnenbrand haben... Trotzallem ist die Vorfreude auf den nächsten Tag groß: Markttag in Karwar! 
Sonntagmorgen fahren wir also wieder nach Karwar (diesmal großzügig mit Sonnencreme eingeschmiert) und stehen erst mal völlig orientierungslos auf der Straße. Alles sieht anders aus. Die Straßen, die am Tag zu vor schon voll waren, sind nun fast verstopft. Überall sind Menschen, Stände mit Obst, Gemüse, mit Gewürzen und getrocknetem Fisch, dazwischen schlängeln sich die Roller durch und ab und zu verstopft eine Kuh den Weg. Wir erkennen die Straßen nicht wieder  und müssen uns nochmal ganz neu zurechtfinden. Wieder landen wir nach kurzer Zeit erstmal am Meer, um eine kleine Auszeit zu finden. Während wir dort gemütlich sitzen, kommt ein Mann mit einem kleinen Jungen an der Hand auf uns zu. Wir sollen nicht mit fremden Männern reden, also beäugen wir ihn recht misstrauisch. Trotzdem lässt er es sich nicht nehmen uns zu erklären, dass wir uns niemals trennen dürften, da uns, wenn wir einzeln unterwegs seien, Menschen schlimmes antun könnten. Unsere entspannte Strandruhe ist nach dieser Warnung leicht gestört und so stürzen wir uns zurück ins Marktgetümmel und kaufen eine Menge Obst und Gemüse (leider ohne die Preise zu kennen und so mussten wir abends feststellen, dass wir ziemlich übers Ohr gehauen wurden und für die meisten Sachen viel zu viel bezahlt haben...). Zurück im Office besuchen wir Fatima und ihre Kinder. Fatima arbeitet für unsere Organisation und kocht für uns mit, sie lebt mit ihrer Familie im gleichen Haus. Wir fangen an mit den Kindern Federball zu spielen und lassen uns dann von ihnen Spiele beibringen. Bald kommt auch noch die Nachbarin mit ihren Kindern dazu und wir spielen alle zusammen, bis wir müde werden. Dann setzen wir uns in Fatimas Haus und fangen ein Gespräch mit der Nachbarin an, die erst vor kurzem von Mumbai hierher gezogen ist. Sie ist sehr offen und modern eingestellt und über Elenas Fotos von zu Hause kommen wir mit ihr ins Gespräch über indische und deutsche Schönheitsideale, über das Heiraten und Beziehungen in Deutschland, darüber wie schade es ist, dass sie nicht die Chance haben nach Deutschland zu kommen und unsere Kultur zu sehen und bekommen wieder und wieder den Tipp nach Goa zu fahren... Dieses erste wirklich offene Gespraech hier in Indien und das Interesse an uns und unserer Kultur wird uns postiv in Erinnerung bleiben.
Im Dunkeln kommen wir zurück in unser Zimmer und uns schlägt eine tierische Hitze entgegen. Seit Tagen hat es schon nicht mehr geregnet und wir sind froh, abends nicht mehr in feuchte, klamme Betten zu steigen, dafür wird es aber auch von Tag zu Tag wärmer. Abends ist es mittlerweile unmöglich ohne den Ventilator und offenen Türen einzuschlafen und während wir im Bett liegen, werden wir von Mücken umschwirrt, Krabbeltiere kriechen unsere Beine hoch und wild blinkende Leuchtkäfer sitzen an der Decke. Morgens wachen wir dann auf und fühlen uns als wären wir nachts einen Marathon gelaufen... Hoffentlich stimmen die Erzählungen und in Joida ist es kühler!




"DHANYAVADAGALU!"











Sonnige, krabbelige, schwitzige Gruesse!!

1 Kommentar:

  1. das hört sich ja ganz fabelhaft an! Ich freu mich auf das interprojectieren! liebnste grüße aus Mangalore!

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